Schach Praline 3

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Kann Weiß gewinnen ??? WIE ?

Dienstag, 11. Dezember 2012

Das „schönste“ Turnier des Jahres

 
 

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über SCHACH - TICKER von FJ am 11.12.12

Schachlegenden treffen auf hungrige Großmeisterinnen, weil ein Energiekonzern das medienwirksam findet

Wohl dem, der einen schachfreundlichen Energiekonzern an seiner Seite weiß. Für das „schönste" Schachturnier des Jahres jedenfalls konnten Schachevent-Manager Pavel Matocha Czech Coal begeistern, der inzwischen schon mehrmals die dafür unverzichtbaren finanziellen Mittel bereit gestellt hat. Die Rede ist von dem Match „Snowdrops vs. Oldhands". Dabei trifft eine Auswahl von vier Großmeisterinnen auf ein Quartett berühmter Schachlegenden. Gespielt wird doppelrundig im angemessenen Ambiente – in diesem Jahr im vier Sterne-Hotel Zámecek in Podbrady.

Sicher, die Idee ist nicht neu, hatte doch der niederländische Multimillionär Joop van Osterom bereits in den1990er-Jahren mehrere dieser medienwirksamen Vergleichskämpfe organisiert. Und warum sollte man das „Fahrrad neu erfinden", mag sich Pavel Matocha (Foto links) gesagt haben – das ist der einfallreiche Mann mit dem Irokesenschnitt, der seit 2011 einen echten „Schach"-Zug (Chess Train) fünf Tage durch Europa fahren lässt.

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Was die beiden zurück liegenden Vergleiche angeht, so gewann 2010 im schönen Marienbad die Damen (Humpy Koneru, Arianne Caoili. Teresa Olsarová, Viktorija Cmilyte) gegen die Veteranen (Wolfgang Uhlmann, Vlastimil Hort (Foto rechts), Lajos Portisch, Dragoljub Velimirovic) mit 18:14, ein Jahr später drehten die Alten (Vlastimil Hort, Dr. Robert Hübner, Rafael Waganjan – die drei waren frühere WM-Kandidaten – sowie Boris Gulko) erneut in Marienbad gegen die Frauenauswahl (Natalia Pogonina, Tanja Sachdev (Foto oben rechts), Maria Musitschuk, Eva Kulovaná) mit 21:11 überzeugend den Spieß um.

Nun also im Dezember 2012 gibt die inzwischen fünfte Auflage (!) eine neue Chance für beide Geschlechter in dem schönen mittelböhmischen Kurort, und auch diesmal können sich die beiden Aufgebote bei dem Event, der von der Prager Schachgesellschaft und eben Pavel Matocha organisiert wird, sehen lassen: Die „Snowdrops" sind vertreten die amtierende Europameisterin und diesjährige Mannschaftsolympiasiegerin Walentina Gunina (Jahrgang 1989) aus Russland sowie Tanja Sachdev (Indien/1986), Alina Kaschlinskaja (Russland/1993) und Kristina Havlaková (1992/Tschechien). Für die „Oldhands" steigen der in Kladno geborene Vlastimil Hort (1944), Wolfgang Uhlmann (beide Deutschland/1935), Fridrik Olafsson (Island/1935) und Oleg Romanischin (Russland/1952) in den Ring.

Zur Halbzeit nach vier Runden liegen die Mädels erst einmal mit 10:6 in Führung. Was sicher kein Wunder ist, schaut man auf die Geburtsjahre der Oldies. Danach könnten nämlich Uhlmann und Olafsson sogar die Rolle als Großväter problemlos für ihre charmanten Gegnerinnen übernehmen.

Dass die „alten Herren" mitunter in der letzten Spielstunde mit Konditions- und Konzentrationsschwierigkeiten zu kämpfen haben, zeigt das folgende Beispiel aus Runde 1 zwischen der mit gerade 19-jährigen jüngsten Snowdrops-Vertreterin Alina Kaschlinskaja und Vlastimil Hort, der 1970 am vierten Brett des Teams „Rest der Welt" gegen das sowjetische Team vertrat.

Die Russin hatte gerade den Hebel 38.h4 gespielt, worauf Hort nun 38…Le5 antworten muss.

Nach beispielsweise 39.hxg5+ Kh5 40.g3 Lxd6 41.gxf4 Dg4+ endet die Partie durch Dauerschach remis. Vlastimil, der hier in Zeitnot war, leistete mit 38…d3 einen schrecklichen Fehlgriff, denn nach 39.hxg5+ hätte er bereits aufgeben können, was er dann im 47. Zug tat.

Und auch der Dresdner Wolfgang Uhlmann bekam das taktische Geschick der listigen Frauen zu spüren.

Seine Gegnerin hatte mit 27.Sxf5 den dort stehenden schwarzen Rappen verhaftet. Nun hätte Uhlmann zumindest 27…Kh8 spielen sollen, obwohl er selbstredend schlecht steht und wohl kaum Aussicht auf Rettung besteht. Aber er konnte mit 27…Dxf4+ nicht widerstehen, den vergifteten Bauern auf f4 zu verspeisen. Danach lief für Weiß alles wie am Schnürchen: 28.Tg3+ Kh8 29.Dc3+ De5, und nun gewann die Inderin mit dem schönen Springerzug 30.Sxd6, nachdem der „eiserne Geselle" ein Matt in sieben Zügen anzeigt. Das wollte sich der Deutsche jedoch nicht mehr zeigen lassen und kapitulierte. Taktik gewinnt eben fast immer!

Dass aber auch die Legenden kurzen Prozess machen können, bewies, wie Sie sehen können, in einem flotten c3-Sizilianer der ehemalige WM-Kandidat und Ex-FIDE-Präsident Fridrik Olafsson. Leidtragende war in Runde 4 Kristina Havliková:

Olaffson, F. – Havlikova, K,

Match "Snowdrops–Oldhands", Runde 4, Podbrady 2012

Sizilianische Verteidigung [B22]

1.e4 c5 2.Sf3 g6 3.c3 d5 4.exd5 Dxd5 5.d4 Sc6 6.Le3 cxd4 7.cxd4 e6 8.Sc3 Da5 9.d5 exd5 10.Ld4 f6 11.Lb5 Lg7 12.0–0 Sge7 13.Te1 Kf7 14.Lc5 Td8 15.De2 Lf8 16.Tad1 a6 17.b4 Dc7 18.La4 Lf5 19.Lb3 Kg7 20.De3 Te8 21.h3 Ld7 22.g4 d4?? [Ein dicker Fehler, den der Isländer selbstverständlich bestrafen muss. Dabei hatte Schwarz eigentlich fast alle Klippen umschifft, aber so ist das manchmal...] 23.Sxd4 Sxd4 24.Dxd4, und Schwarz gab auf.

Damit sicherte er für die „Oldhands" nach drei Niederlagen in Folge (0,5:3,5 und zweimal 1,5:2,5) den ersten Matchsieg (2,5:1,5). Scheinbar müssen die alten Männer halt erst auf eine gewisse Betriebstemperatur kommen.

Dass die Veranstaltung auch ein schönes Rahmenprogramm hat, verdient unbedingt erwähnt zu werden. So spielte zum Auftakt Großmeister Jan Smejkal simultan, und am Mittwoch, dem einzigen Ruhetag in Podebrady, hält Juri Awerbach – er ist mit 90 Jahren der derzeit älteste lebende Großmeister – einen Vortrag über die Geschichte des Schachs in Europa und Russland. Und nicht zu vergessen ist, dass Spitzenspieler wie David Navarra oder Sergej Movsesian als kompetente Live-Kommentatoren agieren.

Ich gebe gern zu, dass ich mir diese Veranstaltung in eben diesem Format auch in Deutschland vorstellen kann. An namhaften Legenden für die Veteranen-Auswahl wäre sicher kein Mängel, wie meine sicherlich unvollständige Kandidatenliste mit Dr. Robert Hübner, Vlastimil Hort, Wolfgang Uhlmann Hans-Joachim Hecht, Klaus Darga, Dr. Burkhard Malich und Dr. Helmut Pfleger belegt. Und bei den Damen ist das Angebot mit Hanna Marie Klek, Filiz Osmanodja, Judit Fuchs, Melanie Oehme und Sarah Hoolt ja sowieso mehr als attraktiv. Vielleicht muss man ja auch bei der möglichen Premiere beispielsweise bei den alljährlichen Deutschen Jugend-Einzelmeisterschaften, was ein würdiger Rahmen wäre – nicht unbedingt doppelrundig spielen. Für ein solches reizvolles Projekt, bei dem die entstehenden Kosten überschaubar sind, aber der Imagegewinn für das Schach in der Öffentlichkeit nicht unbeträchtlich wäre. sollte sich doch auch ein deutscher Energiekonzern begeistern lassen, oder?! Überzeugungsarbeit könnte sicher Pavel Matocha leisten, aber vielleicht bin ich, was die Begeisterung für das königliche Spiel hierzulande angeht, doch ein wenig zu optimistisch…

Raymund Stolze

Fotos: Offizielle Seite


 
 

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