Schach Praline 3

Schach Praline 3
Kann Weiß gewinnen ??? WIE ?

Mittwoch, 21. November 2012

Das Tagebuch der Alina Zahn

 
 

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über SCHACH - TICKER von FJ am 20.11.12

1. Tag (Mittwoch, 07.11.2012)

Als wir (GM Thomas Pähtz, meine Mutter und ich) nach zehnstündiger Pkw-Anreise 19.30 Uhr Maribor erreichten,  war zum Glück keine Spur von dem in der Tagesschau am Abend zuvor thematisierten Hochwasser der Drau, also des Flusses, der durch Maribor fließt. Leider hat mich das WM-Flair noch nicht so richtig erreicht, wahrscheinlich weil eine feierliche Eröffnungsveranstaltung – so wie ich sie aus den Internetberichten der letzten WM-Veranstaltungen kannte – gefehlt hat.

2. Tag (Donnerstag, 08.11.2012)

Den ersten vollen WM-Tag konnte ich noch ruhig angehen, da noch keine Auslosung bekannt  war. In einer kurzen Zusammenkunft der deutschen Delegation wurden uns die wichtigsten Infos zum Turnier gegeben, wie z.B. dass keine Betreuer, nicht einmal unser Delegationsleiter Bernd Vökler, im Spielsaal während der Partie anwesend sein dürfen. Immerhin gibt es ein Bild vor Beginn der ersten Runde von meinem Brett:

Leider konnte ich gegen meine schwedische Gegnerin Rina Weinman zum Auftakt trotz verheißungsvoller Stellung nur ein Remis erreichen, mit dem weder ich noch mein Trainer GM Thomas Pähtz zufrieden sein konnten. Das kuriose Ende dieses Turniertages bildete die Traube von wartenden Eltern, die im Dunkeln frierend vor dem Eingang zum Turniersaal stundenlang ausharren mussten, da für sie weder eine Lampe noch eine Wartegelegenheit im Warmen organisiert worden waren.

3. Tag (Freitag, 09.11.2012)

Die Regeln zum Betreten des Spielsaales für sämtliche Betreuer wurden nochmal verschärft: Ab heute darf selbst vor Rundenbeginn außer den Spielern niemand mehr den Spielsaal betreten. Fotos am Brett sind also nun gar nicht mehr möglich!

Meine Gegnerin der 2. Runde, Saruul Tsengenbayar,  kommt aus der Mongolei. Nach ungenauen Eröffnungszügen von ihr konnte ich rasch Vorteile erzielen, die ich später zum Partiegewinn und damit meinem ersten Sieg bei dieser WM nutzte. Als ich heute aus dem Turniersaal trat, gab es immerhin schon einen Wandstrahler für die wartenden Betreuer!

Unsere gute Stimmung wurde an diesem Abend lediglich durch ein überaus miserables Abendessen getrübt (Hatten wir kurz zuvor noch das Essen gelobt, so wurden wir jetzt eines Besseren belehrt).

4. Tag (Samstag, 10.11.2012)

Schock nach dem Aufstehen: Kein Internet und damit auch keine Auslosung! Von hieraus vielen Dank an die rückwärtigen Dienste in der Heimat, auf die Verlass ist, wenn die Auslosung per Handy durchgegeben werden muss. Allerdings stimmte sie mich nicht besonders optimistisch, denn meine Gegnerin Hu Yu A. stammt aus dem Schach-Mekka China und hat über 100 Elo-Punkte mehr als ich auf dem Zähler. Wie ich am Brett feststellen musste, lief auch meine Vorbereitung ins Leere. Aber das war nicht unbedingt ein Nachteil…

Zahn,Alina (1863) – Hu,Yu A. (1970)

WM Maribor (3), 10.11.2012

[Zu dieser Partie gibt es eine kleine Vorgeschichte: Vor gut 1,5 Jahren wurde Tim Nicolai (SV Empor Erfurt) von Marius Friedt (Erfurter SK) im U 16 Punktspiel mit einer Abweichung von der Hauptvariante im Maroczysystem überrascht. Mit dieser Partie als Grundlage bereitete ich mich kurze Zeit danach auf den gleichen Gegner mit meinem Trainer GM Thomas Pähtz vor. Diese Vorbereitung verhalf mir in der Partie gegen Marius zu einer Gewinnstellung, die ich aber leider wegen mangelnder Technik nicht für mich entscheiden konnte. Ein Déjà-vu hatte ich nun in der 3. Runde gegen Hu Yu A.:]

1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 g6 5.c4 Lg7 6.Le3 Sf6 7.Sc3 d6 8.Le2 0–0 9.0–0 Ld7 10.Dd2 Sxd4 11.Lxd4 Lc6 12.f3 a5 13.b3 Sd7 14.Le3 Sc5 15.Tab1 Db6 16.Tfc1 Db4 17.Db2!?

IMG_WMa

Ein interessanter Zug, Weiß stellt die Dame scheinbar schlecht in eine Gegenüberstellung mit dem schwarzfeldrigen Läufer des Nachziehenden. Jedoch war dies der Zug, den ich mir mit Thomas seinerzeit angeschaut hatte.]

17…a4? [Die Falle schnappt zu.][17...Db6=]
18.a3! Db6 [18...Dxb3 19.Da1]
19.b4 Lh6?! [Schrecksekunde! Hatte ich etwas übersehen...?]
20.Lxh6 [...Nein! Auf Springerabzüge folgt c5, sodass meine Gegnerin in hoffnungsloser Lage aufgab.]
1–0

5. Tag (Sonntag, 11.11.2012)

Mit 2,5 aus 3 lief es bis jetzt gut, doch heute erwartete mich mit der Ungarin Hanna Krisztina Gal eine noch größere Herausforderung. Sie hatte schon enorm viele Turniere gespielt und mindestens doppelt so viel Erfahrung wie ich. Diese kam ihr leider in meiner 4. Partie sehr zu gute. Obwohl ich etwas besser aus der Eröffnung kam und mir eine passable Stellung erspielt hatte, konnte sie ausnutzen, dass auf einen ungenauen Zug von ihr eine noch ungenauere Reaktion von mir erfolgte. Nach einem nur scheinbar nützlichen Bauerngewinn musste ich in die Verteidigung gehen und hatte dann plötzlich mit mehreren Drohungen zu kämpfen, die ich nicht mehr alle erfolgreich abwehren konnte. Damit musste ich meine erste Niederlage einstecken.

6. Tag (Montag, 12.11.2012)

Zur „Strafe" für meinen gestrigen Verlust wurde ich heute zum Auftakt der Doppelrunde gegen eine noch stärkere Gegnerin gelost: die an 4 gesetzte Russin Daria Rodionova. Wie auch die spätere Partieanalyse ergab, hatte ich mit den schwarzen Steinen zu keiner Zeit eine wirkliche Chance, mich gegen eine Schülerin der „Russischen Schachschule" erfolgreich zur Wehr zu setzten. Nach 4,5 Stunden hartem Kampf mit dem Rücken zur Wand musste ich mich ins Unvermeidliche fügen.

Trotz dieser langen Vormittagspartie und nur einer kurzen Erholungspause trat ich mit ungebrochenem Siegeswillen zu 6. Runde am späten Nachmittag erneut in den Ring. Dank einer sehr effektiven Vorbereitung und meiner zum Glück noch vorhandenen Konzentrationsfähigkeit konnte ich gegen die Argentinierin Guadalupe Besso einen souveränen Sieg einfahren. Um 21 Uhr hatte ich nun auch meinen wohlverdienten Feierabend erreicht.

7. Tag (Dienstag, 13.11.2012)

Heute ist Ruhetag. Das Ausschlafen hatte ich bitter nötig. Am Vormittag stand eine lockere Trainingseinheit (Partieanalyse mit unserer Trainingsgruppe) an. Für die Nachmittagsstunden haben wir uns vorgenommen Maribor unsicher zu machen.

Zwischenfazit zur WM: Mit meinen 3,5 aus 6 erspielten Punkten bin ich bis hierhin ganz zufrieden. Für die restlichen 5 Partien nehme ich mir weiterhin vor, gutes Schach zu spielen und nach Möglichkeit meine aktuelle Platzierung (Platz 45 von 119) noch etwas zu verbessern.

8. Tag (Mittwoch, 14.11.2012)

Vor der heutigen Runde war ein Fototermin für das Gruppenfoto der deutschen Delegation angesagt.
Wenn man bedenkt, dass hier noch einige Spieler fehlen, sind wir mächtig viele!

Meine Gegnerin der 7. Runde stammt abermals aus Russland, aber das Konzept unserer gründlichen Vorbereitung ging auf, denn nach einigen ungenauen Zügen von Zalina Edilsultanova im Mittelspiel kam ich zu einem leichten Stellungsvorteil. Als sie unvorsichtiger Weise einen vergifteten Bauern wegnahm, war mein Läufereinschlag auf h7 tödlich. Auch die „Russische Schachschule" ist also nicht unbesiegbar.

9. Tag (Donnerstag, 15.11.2012)

Schon wieder eine russische Gegnerin! Losglück ist mir offenbar nicht beschieden, zumal Anna Vasenina nicht nur sehr erfahren ist, sondern auch bereits sehr erfolgreich  war.

Unter anderem errang sie im letzten Jahr jeweils den Vize-Welt- und Europameistertitel in der Altersklasse U12w. Dementsprechend aufwändig gestaltete sich auch unsere Vorbereitung. Da Thomas Pähtz nicht nur für mich, sondern auch für Paula Wiesner, Clara Victoria Graf und Selina Moses als Trainer zuständig ist und mein Zeitanteil für meine heutige Gegnerin nicht ausreichte, übernahm Elisabeth Pähtz kurzerhand via Skype seinen Part und leistete mir freundschaftliche Schützenhilfe (Danke nochmals an dich, Elisabeth!).

Zwar nahm die mit vereinten Kräften geplante Partieeröffnung einen völlig anderen Verlauf, aber dank der nun doppelten moralischen Unterstützung gelang es mir trotz schwieriger und unübersichtlicher Stellung, die Nerven zu behalten und durch einen taktischen Trick die Partie zu meinen Gunsten zu entscheiden.

10. Tag (Freitag, 16.11.2012)

Um einer gegnerischen Vorbereitung auszuweichen, hatten wir für meine heutige 9. Partie gegen Gulruhbegim Tohirjonova aus Usbekistan eine Nebenvariante in der schottischen Eröffnung ins Auge gefasst. Tatsächlich kam das mit einer geringfügigen Abweichung auch aufs Brett. Bis etwa zum 30. Zug wurde von beiden Seiten laviert. Die Engine schrieb mir bei der späteren Analyse bis dahin sogar leichte Vorteile zu. Aber weder ich noch meine Gegnerin hatten einen konkreten Plan. Dadurch lief uns beiden die Zeit davon, mir jedoch leider etwas mehr, sodass in hochgradige Zeitnot geriet. Dadurch unterlief mir im 38. Zug ein folgenschwerer Fehler. Nach der Zeitkontrolle stand ich vor einem Scherbenhaufen meiner Stellung. Eine erfolgreiche Verteidigung war nun nicht mehr möglich, sodass ich nach fünf Stunden Spielzeit das Handtuch warf.

11. Tag (Samstag, 17.11.2012)

Gastfreundschaft auf slovenisch (Foto): Lobby des Piramida-Hotels im Umbau

Obwohl unser angebliches 4*+Hotel mit vielen Teilnehmern und Betreuern voll besetzt war, wurde heute morgen mit einem umfangreichen Renovierungsprogramm begonnen. Nicht nur die Lobby wurde komplett ausgeräumt und umgebaut, sondern auch das Hauptrestaurant, das bisher für Mittag- und Abendessen zur Verfügung stand. So nahmen wir heute unser Mittagessen in dem zu engen Frühstücksraum ein und flüchteten wegen des großen Lärmpegels schnellstmöglich wieder auf unsere Zimmer. Das Piramida-Hotel empfiehlt sich so seinen Gästen wohl kaum für einen weiteren Besuch.

Auch heute gestaltete sich die Vorbereitung eher schwierig, da von der Amerikanerin Kimberly Ding keine für mich interessante Partie in den Datenbanken zu finden war. Um nicht berechenbar zu sein, beschlossen wir, meine Gegnerin mit einem überraschenden und etwas riskanten Zug zu konfrontieren. Leider ging unsere Rechnung nicht ganz auf, da ich aufgrund der zahlreichen Varianten, die ich mir zuvor angeschaut hatte, am Brett nicht mehr mit der genauen Zugfolge reagieren konnte. Nach weiteren ungenauen Zügen meinerseits im Mittelspiel musste ich mich geschlagen geben.

Zum Tagesausklang hatte Mama uns auf eine lecker „Trost"-Pizza zum Italiener eingeladen, da wir das miese Hotelessen (davon habe ich zwar bisher nur einmal berichtet, aber es war eigentlich immer gleich schlecht) nicht mehr sehen konnten.

12. Tag (Sonntag, 18.11.2012)

In der Hoffnung auf einen versöhnlichen Turnierausgang wollte ich unbedingt meine letzte Partie zu meinen Gunsten entscheiden. Leider kam mir das Los bei diesem Vorhaben wieder nicht besonders zu Hilfe. Erneut bekam ich es mit einer elostärkeren amerikanischen Spielerin, Rachel Gologorsky, zu tun. Im Turnierverlauf hatten wir bereits festgestellt, dass die Delegation aus Übersee in enorm großer Zahl und mit sehr professionellem Herangehen antrat – immerhin hatten sie einen kompletten Tagungsraum im 5-Sterne-Hotel für ihr Team gemietet und dort gemeinsame Analysen und Vorbereitungen organisiert – und strikt auf Erfolg bei dieser WM programmiert war. Ich bemühte mich jedoch, mich möglichst unbeeindruckt davon mit meinem Trainer auf die anstehende Aufgabe vorzubereiten. Tatsächlich kam nicht die angedachte Eröffnung aufs Brett, sondern die Amerikaner versuchten, mich mit der bei Kindern eher unüblichen Aljechin-Verteidigung aufs Glatteis zu führen. Pech für sie, dass ich in der Vergangenheit bereits mehrfach damit konfrontiert worden war und nun meine gesammelten Erfahrungen anwenden konnte. Nach einem unkorrekten Qualitätsopfer der Gegnerin konnte ich im 35. Zug die Partie für mich entscheiden.

Gesamtresümee: Mit 6,5 Punkten aus 11 Partien habe ich meine persönliche und auch die Zielstellung meines Trainers erfüllt. Damit erreichte ich den 31. Platz von 119 Startern und konnte mir DWZ- und Elo-Zuwachs sichern.

Zum Schluss ein großes Dankeschön an alle, die mich unterstützt haben, sowohl hier vor Ort: vor allem mein Trainer Thomas Pähtz und meine Mutter, als auch aus der Ferne: all jene , die mir fest die Daumen gedrückt, mir aufmunternde Worte übermittelt oder sich – auch schon im Vorfeld – auf andere Weise für mich eingesetzt haben. Und ohne meine liebe Klassenkameradin, die mir – wie immer bei Turnieren, so auch hier – durch ihre sehr zuverlässigen Unterrichtsmitschriften stets den Rücken frei hält, ist ein solches Ergebnis auch nicht möglich, danke Andrea!

Mit freundlicher Genehmigung von GM Thomas Pähtz


 
 

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