Schach Praline 3

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Kann Weiß gewinnen ??? WIE ?

Donnerstag, 20. Juni 2013

Tal Memorial nach 6 Runden

 
 

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über SCHACH - TICKER von FJ am 20.06.13

Nakamura vor Gelfand, Carlsen dahinter, Anand und Kramnik weit dahinter
Ein Bericht von Thomas Richter

 

Die Überschrift deutet bereits an, dass Tal Memorial dieses Jahr bisher jede Menge Überraschungen zu bieten hat. Fassen wir zunächst zusammen, wie es dazu kam, d.h. was seit dem ersten Ruhetag passiert ist:

 

In Runde 4 war Schwarz weiterhin OK, und es war eine für Kommentatoren relativ erholsame Runde – denn alle Partien waren mit bzw. kurz nach der ersten Zeitkontrolle bereits beendet. Caruana hielt sich weiterhin an mein Drehbuch, verlor mit Weiss gegen Nakamura und pflegte seine Najdorf-Allergie. Mit Weiss holte er damit dieses Jahr 2/7 – auf der Habenseite zwei Remis gegen Anand und ein Sieg in Baden-Baden gegen Naiditsch bei dem er zwischendurch auch schlechter bis auf Verlust stand. Im Soll blieb er davor gegen Topalov, Dominguez und zuletzt gegen Gelfand – dazwischen auch noch beim Tal Memorial Blitz gegen Karjakin. Nakamura verriet in der Pressekonferenz, dass dies Einfluss auf seine Eröffnungswahl hatte (die Partie werde ich unter dem Diagramm kurz zusammenfassen). Die anderen Partien endeten remis. Bei Morozevich-Kramnik bleiben einige nette Varianten hinter den Kulissen. Bei Karjakin-Mamedyarov wage ich zu bezweifeln, ob das frühe schwarze Bauernopfer völlig korrekt war (siehe Diagramm unten), aber Karjakin konnte es am Brett nicht widerlegen.

Turnierseite
Partien Blitz
Ergebnisse Blitz
2012
2011
2010
2009
2008
Foto: GM Hikaru Nakamura

 

In Runde 5 war Schwarz nicht mehr OK, da er einmal zu passiv spielte und einmal zu aktiv. Fall 1 war das Prestigeduell Carlsen-Anand. Wenn Schwarz schnell und chancenlos verliert, hat er wohl einiges falsch gemacht. Mein laienhafter Eindruck zu dieser Partie: im entstandenen Stellungstyp kann Schwarz vielleicht, im 12. oder auch im 13. Zug, c7-c5 spielen was entweder zu hängenden b- und c-Bauern führt oder zu einem Isolani auf d5. Nach 14.Tc1 geht das nicht mehr, zumindest nicht sofort. Anands passiveres 14.-c6 war wohl noch OK, etwas später die Rückentwickung 17.-Lc8? nicht mehr. Denn die Stellung ist zwar noch relativ geschlossen, aber das änderte sich schnell. Das Diagramm setze ich noch etwas später.

 

Das war wohl die letzte klassische Partie zwischen Carlsen und Anand vor ihrem WM-Match das nach wie vor 0-0 steht. Ein Pyrrhussieg für Carlsen? Diese Partie könnte Anand motivieren, in Chennai will er sicher nicht SO verlieren, und Carlsen zu sehr in Sicherheit wiegen? Fall 2 war Gelfand-Morozevich. Das frühe Qualitätsopfer 10.-Txe3+ gab es bereits; auch hier bezweifle ich, dass es völlig korrekt ist. Später gab Gelfand zwei Qualitäten zurück für einen unwiderstehlichen d-Freibauern. Die drei Remispartien in dieser Runde ignoriere ich mal weitgehend, nur soviel: Andreikin war auch mit Schwarz gegen Nakamura sehr solide.

 

Runde 6: Schwarz war wieder OK, und zwar in der Partie Anand-Nakamura. Auch hier tappe ich etwas im Dunkeln, nur ein paar Momente oder Motive. Es begann mit 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 g6!? was vermutlich nicht der Schwerpunkt von Anands Vorbereitung war. 6.Lxc6 würde ich, als Fan des Läuferpaars, nicht spielen, ist aber wohl noch OK. Später spielte Nakamura 11.-g5 und 16.-g4, was natürlich seinen Königsflügel schwächte aber dafür konnte der Lg4 den Sf3 fesseln. Im höheren Sinne entscheidend(?): Anand versäumte, diese Fesselung schnell aufzulösen. Nun ist wohl bereits klar, dass Anands Generalprobe für die WM (oder spielt er danach noch irgendein Turnier?) misslungen ist. Kurz und spektakulär war (trotz Berliner Mauer) das Remis zwischen Caruana und Kramnik, länger bis Seeschlange (genau 100 Züge in Morozevich-Karjakin) die anderen Remispartien. Gelfand-Carlsen verdient einige Worte da es für den Turniersieg eine Rolle spielen könnte, aber eigentlich nur deswegen. Mit 7.-Ld6!? symmetrisierte Carlsen die Stellung, aus dem orthodoxen Damengambit entstand eine Art slawische Abtauschvariante. Dann wurden regelmässig Figuren getauscht, und am Ende war es remis. Vermutlich waren beide damit zufrieden, auch wenn Carlsen vielleicht hoffte, dass Gelfand (wie bei früheren Begegnungen) irgendwann den Faden verliert. [Das schrieb ich kurz nach der Runde, ohne andere Quellen zu konsultieren. Aus berufenerem Munde kann man lesen, dass Gelfand besser stand aber wohl nie auf Gewinn.]

 

Zwischenstand: Nakamura 4.5, Gelfand 4, Mamedyarov und Carlsen 3.5, Andreikin und Caruana 3, Karjakin 2.5, Kramnik, Anand und Morozevich 2. Vor der Vorschau auf die letzten drei Runden eine Rückschau auf meine Prognose vor dem Turnier. Ich habe (bisher) richtig vorhergesagt: Andreikin ist kein Kanonenfutter, Nakamura ist ein Kandidat für den Turniersieg, Carlsen ist zumindest nicht einziger und haushoher Favorit, und Morozevich könnte Letzter werden. Bei Nakamura war ich eher skeptisch – und diese Skepsis schien sich in den ersten anderthalb Runden (einschliesslich der Eröffnungphase gegen Kramnik) zu bestätigen, aber seither hat er einen Lauf. Ziemlich daneben lag ich dagegen mit: Kramnik wird im Kampf um den Turniersieg eine Rolle spielen (das war bereits nach zwei Runden abgehakt), und Gelfand ist Favorit für den letzten Platz. Bei Anand hatte ich mich bedeckt gehalten, aber minus zwei nach sechs Runden hätte ich nicht prognostiziert.

 

Was kommt noch? Wenn keine völlig unvorhergesehenen Dinge passieren, können noch vier Spieler (geteilt) Erster werden. Von denen hat Mamedyarov den Vorteil des schlechtesten Ergebnisses im Blitzturnier: deshalb hat er als Einziger fünfmal Schwarz, und das ist ja erster Tiebreaker. Nach dem Ruhetag gibt es das Spitzenduell Nakamura-Gelfand. Falls jemand viel Geld darauf gewettet hat, dass dies die Spitzenpaarung ist, dann ist er a) Hellseher oder b) hat keine Ahnung vom Schach und unglaubliches Glück oder c) ist reich und hat sich einen kleinen Scherz erlaubt. Die vierte Möglichkeit, eine Art Wettskandal, schliesse ich aus. Auch im Fussball wurden meines Wissens bisher nur einzelne Begegnungen manipuliert – und nicht ganze Turniere, da müssten zu viele Beteiligte eingeweiht und einverstanden sein. Parallel spielen Carlsen und Mamedyarov mit Weiss gegen die Kellerkinder Morozevich und Anand. Nach wie vor eher unwahrscheinlich dass Anand dreimal hintereinander verliert, aber wer weiss?

 

Runde 8 hat dann die Spitzenpaarungen Gelfand-Mamedyarov und Carlsen-Nakamura. Wenn Carlsen (mal wieder) gegen Nakamura gewinnen sollte ist alles komplett offen? Und dann zum Schluss noch Mamedyarov-Carlsen (noch ein Topduell, wie gesagt bei Punktgleichheit müsste Carlsen gewinnen) und Kramnik-Gelfand.

 

Einige Stellungen, und dazu jeweils einige Worte zur Partie:

Caruana-Nakamura nach 28 Zügen

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Das war wie gesagt ein Najdorf-Sizilianer, nach Zugumstellung die 6.Le3-Variante. Schwarz spielte das bekannte und zweischneidige 8.-h5!? was den weissen Aufmarsch mit g2-g4 usw. verhindert, aber auch den eigenen Königsflügel schwächt. Dann konnte er doch bequem rochieren; Weiss verzichtete auf heterogene Rochaden, spielte stattdessen am Damenflügel, fand aber vielleicht nicht den richtigen Moment für c4-c5. Hier hat Schwarz den weissen d-Bauern mehrfach angegriffen und deshalb die Gelegenheit zum Sprengungszug 28.-b5! . Danach spielte die Musik am Königsflügel, aus weisser Sicht in Moll – so hatte sich der Italiener bzw. Italo-Amerikaner diese Oper sicher nicht vorgestellt.

 

Karjakin-Mamedyarov nach 7. dxc5

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Schon 1.e4 d6!? (Pirc) ist auf höchstem Niveau eher selten, zumindest mit klassischer Bedenkzeit. Und das von Mamedyarov gewählte Abspiel hat nach dem "normalen" 7.-dxc5 8.e5 Sd5 9.Sxd5 Dxd5 10.De2 Plan 11.Le4 keinen guten Ruf, auch wenn Schwarz einmal auf höchstem Niveau gewann (Aronian-Svidler 2013, 10.-Lf5!?, das war aber Blitz in Norwegen). Stattdessen entkorkte Shak 7.-Sbd7!?! . Ich glaube hier nicht an volle Kompensation nach 7.cxd6 exd6, später opferte Schwarz vorübergehend sogar noch einen zweiten Bauern. Endergebnis: remis

 

Carlsen-Anand nach 21.-Dd7?!

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Leicht hatte Anand es ohnehin nicht (mehr), aber nun kam der Durchbruch 22.d5 cxd5 23.Dxd7 Txd7 24.Sxe6 fxe6 25.Lh3 (Fesslung, und aus schwarzer Sicht dummerweise steht sein König auf g8. Das korrigierte Vishy schnell, aber es war zu spät:) 25.-Kh8 26.e5 Sg8 27.Lxe6 Tdd8 28.Tc7 d4 29.Ld7 und bereits 1-0.

 

Gelfand-Morozevich nach 31.-Tf8

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Hier gewinnen einige Züge. Houdini bevorzugt mit leichtem Vorsprung (sofort) 32.Sd6, und 32.Sa7 nebst 33.Sc6 geht natürlich auch. Aber mir gefällt die nun folgende Geometrie, Gelfand wohl auch: 32.Dg3+ Kh8 33.Dd6 1-0. Nach 33.-Dxd6 34.Sxd6 steht der schwarze König dummerweise auf h8. Nur das illegale 34.-Tf8xd7 wäre gut, aber auf 34.-Td8 geht natürlich 35.Sxf7+ und aus.

 

Caruana-Kramnik nach 30.Kd3

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Caruana reagierte auf Kramniks Berliner mit "erst angreifen, und dann irgendwann den Damenflügel entwickeln". Der Angriff brachte ihm immerhin einen ganzen Turm für nur zwei Bauern, aber den Damenflügel hat er nicht entwickelt. Die Partie endete mit einem Dauerschach das ich in dieser Form noch nie gesehen habe. Weiss kann dem nur ausweichen, indem er zuviel Material zurückgibt bzw. sogar den König (30.-Td1+ 31.Kc1 Tc1+ 32.Kb2?? Tc2 matt bzw. 31.Ke4 Te1+ 32.Ke4?? c6 matt).


 
 

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